Fibromyalgie ist eine mysteriöse Krankheit, die ohne erkennbare Ursache Schmerzen im ganzen Körper und tief im Gewebe verursacht. Ein Großteil der medizinischen Fachwelt glaubte, die Krankheit sei psychosomatisch, und die Betroffenen glaubten im Wesentlichen, sie hätten Schmerzen. Doch ein kleines biopharmazeutisches Unternehmen, Intidyn (Integrated Tissue Dynamics), hat die vermeintliche Grundursache der Krankheit gefunden.
Forscher des Unternehmens und des Albany Medical College haben herausgefunden, dass die Haut von Patientinnen, die über Schmerzen aufgrund von Fibromyalgie berichten, eine einzigartige neurovaskuläre Struktur aufweist, die die Nerven durchblutet. Dies, so glauben die Wissenschaftler, könnte die eigentliche Ursache für die Schmerzen bei dieser Erkrankung sein.
„Die Pathologie liegt nicht im Gehirn, sondern in übermäßigen sensorischen Nervenfasern um spezielle Blutgefäßstrukturen in den Handflächen“, sagte Dr. Frank L. Rice, Präsident von Intidyn und leitender Forscher der Studie, in einer Pressemitteilung.
Die Verengung der Blutgefäße kann durch Nerven in der Haut gesteuert werden. Bei Patienten mit Fibromyalgie liegt eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Nervenenden um eine Blutgefäßbrücke in der Haut.
„Diese Entdeckung liefert konkrete Hinweise auf eine Fibromyalgie-spezifische Pathologie, die nun zur Diagnose der Krankheit und als neuer Ausgangspunkt für die Entwicklung wirksamerer Therapeutika genutzt werden kann.“
Vor einigen Jahren veröffentlichte das Unternehmen in der Fachzeitschrift Pain einen Bericht über den Fall einer Frau, die ohne spezielle Nervenenden geboren wurde, die man damals für den Tastsinn als wichtig erachtete. Der Frau ging es jedoch gut und sie konnte ihr Leben weiterführen. Sie besaß Nervenenden in der Nähe der feinen Kapillargefäße ihrer Haut, von denen man bisher nur angenommen hatte, dass sie den Blutfluss in den Blutgefäßen steuern. „Wir dachten bisher, dass diese Nervenenden nur unterbewusst an der Regulierung des Blutflusses beteiligt sind, doch hier fanden wir Hinweise darauf, dass die Blutgefäßenden auch zu unserem bewussten Tastsinn und auch zu Schmerz beitragen können“, sagte Rice.
Aktuelle zielgerichtete Medikamente von Eli Lilly und Forest Labs sind Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), die im Gehirn wirken. Sie können aber auch auf die Nervenenden in der Nähe von Blutgefäßen in der Haut wirken. „Da wir wussten, wie diese Medikamente auf Moleküle im Gehirn wirken“, fügte Dr. Philip J. Albrecht, Ph.D., hinzu, „hatten wir Hinweise darauf, dass ähnliche Moleküle an der Funktion der Nervenenden an den Blutgefäßen beteiligt sind. Daher stellten wir die Hypothese auf, dass Fibromyalgie eine Pathologie in diesem Bereich beinhalten könnte.“ Wie die Ergebnisse zeigen, stimmten sie.
Das Team des Unternehmens untersuchte Hautproben von Frauen mit Fibromyalgie, die vom Albany Medical College gesammelt und mit einer speziellen Mikroskoptechnologie untersucht wurden. Dabei stellten sie eine erstaunliche Zunahme der Nervenenden in der Nähe von Blutgefäßen in der Haut fest. Diese Stellen steuern den Fluss sauerstoffreichen Blutes zwischen kleinen Blutgefäßen in der Haut. Sie können diesen Brückenbereich blockieren, um der Haut die Wärmeabstrahlung zu ermöglichen oder ihn bei Kälte zu öffnen, um die Wärme zu speichern.
„Die übermäßige sensorische Innervation könnte erklären, warum Fibromyalgie-Patienten typischerweise besonders empfindliche und schmerzende Hände haben. Da die sensorischen Fasern aber auch für das Öffnen der Shunts zuständig sind, würden sie bei Kälte, die Fibromyalgie-Patienten generell sehr belastet, besonders aktiv werden“, sagte Albrecht.
Doch diese speziellen Shunts oder Brücken können weit mehr als nur die Körperwärme regulieren; sie könnten auch den Blutfluss zu den Muskeln tief im Gewebe blockieren.
„Neben der Beteiligung an der Temperaturregulierung fließt normalerweise ein enormer Teil unseres Blutflusses in unsere Hände und Füße. Weit mehr, als für ihren Stoffwechsel benötigt wird“, bemerkte Dr. Rice. „Daher fungieren Hände und Füße als Reservoir, von dem aus der Blutfluss in andere Körpergewebe, wie beispielsweise Muskeln, umgeleitet werden kann, wenn wir mit körperlicher Betätigung beginnen. Daher könnte die an diesen Shunts in den Händen entdeckte Pathologie die Durchblutung der Muskeln im gesamten Körper beeinträchtigen.“
Dieser gestörte Blutfluss könnte die Ursache für Muskelschmerzen und -beschwerden sowie das Müdigkeitsgefühl sein, das vermutlich auf eine Ansammlung von Milchsäure und niedrige Entzündungswerte bei Fibromyalgie-Patienten zurückzuführen ist. Dies wiederum könnte zur Hyperaktivität im Gehirn beitragen. Die Hyperaktivität im Gehirn könnte für die Schlaflosigkeit verantwortlich sein, unter der viele Patienten leiden.
Die Entdeckung einer tatsächlichen physiologischen Grundlage für die Autoimmunerkrankung Fibromyalgie wird für viele, denen bisher gesagt wurde, ihre Schmerzen seien nur eingebildet, eine positive Offenbarung sein. Mit der Zeit werden Forscher die Ursachen der Schmerzen bei dieser Krankheit weiter entschlüsseln und möglicherweise Medikamente entwickeln, die die eigentliche Schmerzursache behandeln.